Heute habe ich das Bedürfnis, Eugène Ionesco zu zitieren, der sich im Februar 1961 in „Notes et contre-notes“ über den Zustand von Kunst und Theater, aber zugleich auch über den modernen Menschen, über die Nützlichkeit des Nutzlosen sowie die „Rhinozeritis zur Rechten und Linken“ äußerte. Anlass gab mir eine Aufführung von „Die kahle Sängerin“ ganz in meiner Nähe. Eine Aufführung, deren überlieferte Details wohl wieder einmal ein politisiertes Theater vermuten lassen, was Eugène Ionesco stets verabscheute. Anknüpfungen an die Verrenkungen der Sprache unserer Zeit und die Verrenkungen der Welt sucht man offenbar vergeblich. Lassen wir einen Moment Eugène Ionesco sprechen, „Notes et contre-notes“, S. 210-213:
In der Sammlung von Zitaten auf dieser Website findet sich auch dieser eine Satz von Eugène Ionesco über seinen Eindruck, dass die ganze Welt wie eine Maschine in Unordnung geraten könne. Und leider ist mein persönlicher Eindruck, dass diese Befürchtung heute aktueller ist als im Jahre 1966, dem Jahr der Veröffentlichung des Gesprächs zwischen Eugène Ionesco und Claude Bonnefoy. Werfen wir einen genaueren Blick auf den Kontext, in dem Eugène Ionesco seine Befürchtungen äußerte.
Im Dezember des Jahres 2023 erhielt ich eine Anfrage aus Frankreich, ob ich Interesse an einem von Eugène Ionesco persönlich adressierten Briefumschlag hätte. Da ich kein Sammler im engeren Sinne bin, musste ich einen Augenblick nachdenken. Aber dieser Umschlag schien mir eine Geschichte zu erzählen. Also konnte ich nicht widerstehen.
Ionesco sagte, er habe Kollektivwahrheiten immer misstraut. Denn jede im Kern richtige Idee tendiere mit zunehmender Gefolgschaft zur Maßlosigkeit, zum Missbrauch, zu ihrer Verfälschung. Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass nicht wenige dieser Maßlosigkeiten früher oder später ideologische Züge aufweisen. Dann formt sich Widerstand gegen diese Ideologie, der so maßlos wird, dass die nächste Ideologie entsteht.
Am 6. Mai 1972 - nur wenige Monate vor den Anschlägen auf das israelische Olympia-Team - meldete sich Eugène Ionescos in „Le Figaro littéraire“ zu Wort. Er zeigte sich tief verärgert und deprimiert über den Humanismus auf Erden.